25.04.11

Ein mieser Begriff, ein ganz mieser

F: Was bedeutet der Begriff Arbeit für dich?
W: Ein ganz mieser Begriff, ein ganz mieser.
F: Du hast hart in deinem Leben gearbeitet und du hast wenig Lust dazu im Moment.
W: Da hab ich noch nie Lust zu gehabt und werde wohl nie Lust zu verspüren.
F: Und du würdest Schreiben nicht als Arbeit auffassen?
W: Als andere Arbeit. Als Arbeit faß ich das auf, was man nicht gern tut, was man tut, um sich zu ernähren, also wie sagt Marx mal oder Engels, ich weiß es nicht mehr, einer von den beiden, daß der Arbeiter den Arbeitstag, diese acht Stunden, gar nicht als sein Leben betrachtet, sondern sein Leben ist das Vorher und das Nachher, das ist das, was er notwendigerweise verkaufen muß, um die Ernährung, die Selbsterhaltung zurückzukaufen dadurch. Aber eine Sache, die man gerne macht, sei es Schreiben oder ein Lokal einrichten, natürlich ist das harte Arbeit, aber das erscheint ja nicht als Arbeit.
F: Und das, was du nun täglich tust, und womit du dich täglich mit deiner Umwelt auseinandersetzt, würdest du das als Arbeit bezeichnen?
W: Nein, nicht direkt.
F: Wie?
W: Ja das ist so ein schläuliches Versuchen, an Geld ranzukommen, aber mit ernsthafter Arbeit hat das nicht viel zu tun, weil man sich nicht kaum wirklich anstrengend und lange darum bemüht, und so macht man das nebenbei nur.
F: Und dein Rumflachsen, ins Separée Gehen, und Rauchen, Lesen, Musik Hören, wie würdest du das bezeichnen?
W: Als Yellow-Mellow-Life.
F: Nicht als Faulheit?
W: Man könnte es als Faulheit bezeichnen, aber da komme ich auf ein ganz interessantes Ding. Ich bemühe mich mit der Faulheit und ich gehe noch weiter, mit der Langeweile, bezeichne es mal als Langeweile, weißt du, daß das ganz schwierig ist, die Langeweile zu kultivieren. ich versuche eine Möglichkeit zu finden, die Langeweile zu kultivieren.
F: Die Idee des Spielens ist nicht wichtig für dich, daß du dich selbst spielst?
W: Ja, ja, das ist ganz wichtig, ich spiel das, das ist das Vollkommene.
(Kann ich heute nichts mehr mit anfangen)

Hubert Fichte, Wolli Indienfahrer, Wolli II, Sommer 1969

12.04.11

depressed yo!

gestern brach ein mann, den ich freiwillig, also aus freien stücken, zu mir gebeten hatte, meine tür auf. er kam mit dem taxi, ich hatte schon über eine stunde auf ihn gewartet.
ich dachte, diese leute hätten firmenwagen. es war nicht sehr vertrauenserweckend. auch seine tasche war ziemlich runtergekommen.
er trug schwarz und sah überhaupt aus wie aus einem französischem neosurrealistischen film, nehmen wir delicatessen als beispiel oder auch jean reno in diesem film mit dem kind, was bomben legt.
er trug nämlich eine kugelsichere weste, war gedrungen, sein gesicht war vernarbt und seine haare schwarz gefärbt, an den enden zur kopfhaut hin waren sie viel heller. zur kugelsicheren weste trug er ein splatter t-shirt, sowas mit schweineteilen im metzgerladen.
er schnaufte mein treppenhaus hinauf und blieb auf jedem absatz länger stehen, um exzessiv zu röcheln, gurgeln und stöhnen, es war ziemlich abstossend. ich war müde und hatte keine zeit.
oben angekommen zog er keuchend seine cowboystiefel aus und kniete sich schwitzbesockt vor meine wohnungstür. dort bastelte er sich mit klebeband ein werkzeug zusammen, welches er viele vergebliche versuche lang an meinem schlüsselloch austestete. schliesslich bohrte er ein loch in meine tür. ein loch, das er nach getaner arbeit keineswegs wieder reparierte. das loch ist also jetzt in der tür, damit ich mich immer wieder aussperren, jedoch danach jederzeit problemlos wieder die tür öffnen kann. der nachteil ist, das jeder andere das nun auch kann. aber bei mir ist eh nichts mehr zu holen, denn der mann forderte nach zerstörung meiner tür sogleich alles geld, das mir für den rest des monats verblieb.
darauf brach ich in tränen aus, die mehrere stunden nicht versiegen wollten.
der mann jedoch war unerbittlich, dabei waren es keine tränen weiblichen charmes.
er verlangte dann meine begleitung zum geldautomaten, ein weg, den wir schweigend, gleichsam mit elektronischen fussfesseln aneinandergekettet, zurücklegten.
wer dumm ist, den bestraft das leben.

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Playlist:
 blur/abwärts/cabaret voltaire/casiotones for the painfully alone/jaques palminger/nas/patrick fitzgerald/ kan kan/the jellies/gran puba/serge gainsbourg/the specials/lizzy mercier descloux/lydia lunch/momus/ariel pink/garage glass/holger hiller/oma hans/the death set/the free design/pyrolator/einstürzende neubauten/the smiths/jeffrey lewis(crass cover)/burt bacharach/bobby womack/roots manuva/kanye west/burt bacharach/robert wyatt/momus/casiotones for the painfully alone/bill withers/the flying lizards/jeffrey lewis/crazy leggs/neil young