It is aMAZEd
aka Itty irrt im Kreis
umher und wundert sich
In
girum imus nocte et consumimur igni
1
ist
ein lateinisches Palindrom, dem nachgesagt wird, das Verhalten von
Motten zu beschreiben.
Ein
Palindrom ist ein Satz oder auch ein Wort, eine Zahl etc. welches
vorwärts wie rückwärts gelesen das Gleiche bedeutet. Das längste
Deutsche Palindrom ist Reliefpfeiler.
In
girum imus nocte et consumimur igni
wird
ins ins Englische als ‚We go wandering at night and are consumed by
fire‘ übersetzt: die Motten schweifen des Nachts umher, Feuer
verzehrt, konsumiert die
herumstreifenden Falter. Fertig, aus. Der Tod, das Sterben, wird
gelassen hingenommen.
Im
Deutschen 'irren' die Tierchen 'des Nachts im Kreis umher
und werden vom Feuer verschlungen': schiere Verzweiflung!
Kopflos, taumelnd, verwirrt, kreiseln die Motten wie von Sinnen vom
Dunkel ins Licht, um dann mit einem Haps hastig vom Feind
verschlungen zu werden.
In
girum imus nocte et consumimur igni
Es
gibt zwei Arten von Labyrinthen:
Unendlich
der Garten der Pfade, die sich verzweigen.2
1.:
Das Labyrinth im engeren Sinn: Ein verschlungener Weg ohne
Verzweigungen, der unter regelmäßigem Richtungswechsel zum
Mittelpunkt führt. In einem solchen Labyrinth ist es nicht möglich,
sich zu verirren.
2.:
Das Labyrinth im weiteren Sinn: Ein System mit Wegverzweigungen, das
also auch Sackgassen oder geschlossene Schleifen enthält. Im
deutschen Sprachbereich wird eine derartige Struktur auch als
Irrgarten bezeichnet. Hier ist ein Verirren möglich und meist Sinn
der Anlage.
‚Wer
sich in Gefahr begibt, kommt darin um.’
‚Wer
sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.’
Man
geht in das Labyrinth hinein (warum, bleibt zu klären) - der Weg
schlängelt sich, windet sich, schlauft. Eine Pendelbewegung, ewig.
Taumel, leichter Schwindel, Orientierungsverlust. Immer geht das nun
so weiter, stellt man sich vor, man stellt sich drauf ein, schaltet
ab, wird bisschen blöd davon schon im Kopf.
Plötzlich,
unerwartet,
ist
Schluss.
Links,
rechts, Schluss mit dem Pendeln, wo ist man jetzt?
Angekommen,
offensichtlich. Nicht gradlinig, aber unvermeidlich.
In
der Mitte, GrasSarg, NebelLeben, Anna, Otto, RegalLager, Rentner,
Reliefpfeiler - verbarrikadiert, geschützt, hockt man dann da.
Mumifiziert, O
Genie, der Herr ehre Dein Ego! -
zurück auf Start.
Man
geht in das Labyrinth hinein (warum, bleibt zu klären) - der Weg
schlängelt sich, windet sich, schlauft. Eine Pendelbewegung, ewig.
Taumel, leichter Schwindel, Orientierungsverlust. Immer geht das nun
so weiter, stellt man sich vor, man stellt sich drauf ein, schaltet
ab, wird bisschen blöd davon schon im Kopf.
Plötzlich,
unerwartet,
ist
Schluss.
Links,
rechts, Schluss mit dem Pendeln, wo ist man jetzt?
Plötzlich,
unerwartet,
eine
Kreuzung.
Links,
rechts, Schluss mit dem Pendeln, eine Entscheidung muss her.
Weiter
geht’s auf der A7, weiter geht’s in Richtung Nord. Plötzlich ist
Schluss, eine Sackgasse, links oder rechts, das Kurzzeitgedächtnis
ist nicht mehr so gut. Weiter geht’s auf der A7, weiter geht’s in
Richtung Nord - oder war's Süd? Wieder zurück, hier war ich doch
schon mal, eine Entscheidung, Brunautal,
oder war's Allertal, macht jedenfalls was mit mir,
schwindelig, schwitzig, panisch irre ich plötzlich kopflos durch den
Wald, hier kenn' ich mich nicht aus, bin Stadtkind, alle wollen was
von mir - könnt ihr mich nicht einfach an den Mast anbinden? - und
wenn ich stolpere!, aber ich muss unbedingt ankommen, der Druck
steigt, was wollte ich da, hab ich vergessen, muss weiter. Weiter
irre ich kopflos durch die Nacht, habe Durst, es brennt, Mascara
rinnt in schmalen Bächen die Wangen herunter, die Socke bildet einen
Wulst, nach vorne in den Schuh gerutscht, stolpere ich - liegen
bleiben oder wieder zurück kriechen - Schützengraben,
Morgendämmerung oder Feuer, kein Horizont, nur Hecken, ein Kabinett
aus Spiegeln.
Plötzlich,
unerwartet, ist Schluss. Wo ist man jetzt? Angekommen,
offensichtlich. Nicht gradlinig, aber unvermeidlich.
In der Mitte, GrasSarg,
NebelLeben, Anna, Otto, RegalLager, Rentner, Reliefpfeiler -
verbarrikadiert, geschützt, hockt man dann da. Mumifiziert, O
Genie, der Herr ehre Dein Ego! - zurück auf Start.
Man geht in das
Labyrinth hinein (warum, bleibt zu klären):
die
Mutmaßungen über die Funktion von Labyrinthen sind vielfältig. Es
lassen sich drei Gruppen von Deutungen voneinander abgrenzen.
Die
1.beinhaltet
alle Funktionen in einem architektonischen Sinn, ausgehend von der
Idee des Gefängnisses (vgl. Minotaurus-Sage: der Stier wird in der
Mitte eingesperrt), woraus sich fortifikatorische Anlagen genauso wie
komplexe städtische Strukturen herleiten lassen.
Viele
Labyrinthmosaike bilden Stadtmauern und Tore als äußere Umgrenzung
ab, auch der Bezug zum Gründungsmythos der Stadt Rom (Romulus und
Remus) ist eindeutig (die vier Quartiere der Stadt Rom entsprechen
der Kreuzform im Labyrinth des römischen Typs).
Die
2.Gruppe
umfasst alle Deutungen, die sich auf Bewegungsabläufe beziehen.
Das
Abschreiten einer wie auch immer gearteten labyrinthischen Figur
erzeugt eine Bewegungslinie, die als spielerische Figur, als Tanz
oder rituelle Handlung verstanden werden kann.
Die
3.Gruppe
hat alle magischen Funktionen zum Gegenstand.
Die
labyrinthische Figur, meist zu klein zum Abschreiten der Gänge oder
als Wandmalerei, dient dem Schutz des Privathauses vor bösen Mächten
oder dem Teufel. Der Träger eines Labyrinths erhofft sich dadurch
Schutz, ebenso ist das Zeichnen von Labyrinthen im Sand zu
verstehen.3
YOU
ARE HERE aka THE MAZE vereint alle Labyrinth-Typen oder -Deutungen in
einem:
Im
Mittelpunkt des Labyrinths, vor der Leinwand, befindet sich
schwitzend der Künstler/die Künstlerin, erleichtert (wie ist er
hier hingekommen?), vielleicht auch panisch: vor Platzangst, vor
Enge, der Raum ist klein, vielleicht auch geil, ist vielleicht auch
gar nicht erst angekommen, irgendwo auf dem Weg an Wände geschmiegt
verstrickt oder hängen geblieben, hat eine Osmose mit dem Publikum
erzeugt, Wände verschoben, Kunstformen erweitert, endlose Loops
erzeugt, Musik zur Installation gemacht, Tänzchen zur Installation
gemacht, mit dem Stiefel ein Loch reingetreten, ist da
durchgeschlüpft, findig, wie er/sie ist, alle hinterher, um
festzustellen, dass in der Mitte gar nichts ist, oder jedenfalls
nichts Unbekanntes, dass es aber ganz schön ist, dass das Drumherum
eben das Drumherum ist und es auch Darum geht.
Vielleicht
aber ist in der Mitte auch etwas Unbekanntes, niemals zu erkennen:
der Künstler/die Künstlerin unwissend, weil er/sie zu sehr
schwitzt, der Schweiß rinnt in salzigen Bächlein in die Augen,
brennt das Mascara heraus, verschmiert dunkelgrau im Gesicht,
blendet. Geblendet ist nichts wahrnehmbar, ist nichts mit Erkenntnis.
Das
Publikum seinerseits bleibt erkenntnislos, weil der Künstler/die
Künstlerin beim Taumeln durch die neonroten Gaze-Gänge beschlossen
hat, bei Ankunft in der Mitte sofort auf das Publikum zu schiessen:
Who wants to die for art?!
Er/sie
lässt einfach keinen rein, in den Mittelpunkt, zum Turm, zum Stier,
zum Matrosen:
Ich
werde keine Zugeständnisse an das Publikum machen.
Also
Strom an, Kreislauf schliessen, fluten. Und dann wird
gewichst, Drehbühne, umgeben von verschachteltem sandigem
Niemandsland, Beton-Mäander, Ruhezone für exotische Vögel und auch
Hausratten, welche sich für Erkenntnis nicht interessieren. Ich steh
auf Berlin.
Performers
will have to negotiate the confines of the maze in order to execute
their performance.
Der
Künstler wird also zum Faschist, an der Mauer an der Wand (Ich
werde keine Zugeständnisse an das Publikum machen. Ich bin dafür
bekannt, dass ich niemals Zugeständnisse gemacht habe, weder an die
herrschenden Ideen meiner Zeit, noch an eine bestehende Macht. Des
weiteren ist, unabhängig von der Epoche, niemals etwas von Bedeutung
vermittelt worden, solange man das Publikum schonte. Zudem sehen die
Zuschauer gegenwärtig nichts im eisigen Spiegel der Leinwand, was an
ehrbare Bürger einer Demokratie erinnert.). Das Publikum
flüchtet und denkt dabei:
Geil,
hier wird ein Film gedreht!
Das
Publikum flüchtet und denkt dabei:
Scheiss
Königin, Scheiss Kunst, Schlagt ihr den Kopf ab!
'Die
kapitalistische bzw. angeblich antikapitalistische Welt organisiert
das Leben spektakulär. Es kommt nicht darauf an, das Spektakel der
Verweigerung auszuarbeiten, sondern das Spektakel selbst abzulehnen.
Die Elemente der Zerstörung des Spektakels müssen gerade aufhören,
Kunstwerke zu sein.`4
Ein schwieriges
Unterfangen - Das Publikum flucht und filmt dabei
den Künstler/die
Künstlerin, an der Mauer an der Wand, der Leinwand, im Mittelpunkt
des Labyrinths, umwoben von roten Fäden, grau im Gesicht, geblendet
(wie ist er da hingekommen?).
Blick zurück:
Es
waren einmal drei Schwestern, die wohnten auf dem Grunde eines
Brunnens...
Wovon
lebten sie denn?
Von
Sirup.
Das
scheint mir aber nicht gut möglich. Dann würden sie ja alle krank.
Das
waren sie ja auch, und zwar sehr krank.
Aber
warum lebten sie denn auf dem Grunde eines Brunnens?
Es
war ein Sirup-Brunnen.
Die
drei Schwestern lernten da unten Streiche.
Womit
haben sie denn gestrichen?
Sirup.
Was
haben sie mit Sirup gestrichen?
Ein
Wasser-Brunnen ist mit Wasser gestrichen und ein Sirup-Brunnen ist
eben mit Sirup gestrichen.
Aber
sie waren doch in dem Brunnen.
Natürlich waren sie
da. Mit ihnen war das Kind in den Brunnen gefallen.
Entweder
war der Schacht sehr tief, oder sie fiel sehr langsam, denn sie hatte
im Fallen genug Zeit, sich umzusehen und sich zu fragen, was wohl als
nächstes geschehen würde.5
Nach
einer kurzen Fahrtunterbrechung, Rauchpause, setzt sich die Fahrerin
hektisch auf ihre Handtasche. Es ertönt ein quietschendes Geräusch.
In der Handtasche schlief die Ratte der Fahrerin.
Die
Fahrerin bekommt einen Nervenzusammenbruch, die Fahrt wird nicht
fortgesetzt, ich stehe auf einer Raststätte herum, neben einem
Reliefpfeiler, entgehe einem tödlichen Unfall, lerne die Liebe
meines Lebens kennen, besaufe mich, werde beinahe von einem LkW
angefahren, rauche Kette, ein Auto hält an, ich steige ein.
Die
Autobahn schlängelt sich, windet sich, schlauft. Eine
Pendelbewegung, ewig. Taumel, leichter Schwindel,
Orientierungsverlust. Das geht jetzt immer so weiter, stelle ich mir
vor. Ich bekomme einen Nervenzusammenbruch. Die Fahrt wird nicht
fortgesetzt, ich stehe auf einer Raststätte herum, neben einem
Reliefpfeiler, im Unwetter, lerne niemanden kennen, besaufe mich, ein
Lkw hupt, rauche Kette, ein Auto hält an, ich steige ein.
Die
Autobahn schlängelt sich, windet sich, schlauft. Eine
Pendelbewegung, ewig. Taumel, leichter Schwindel,
Orientierungsverlust, NebelLeben.
Entschuldigung,
wo sind wir denn hier? Entschuldigung, was mache ich denn hier?
Entschuldigung, wie bin ich denn hier hingekommen? Entschuldigung,
ich glaube, hier war ich schonmal. Jetzt bin ich hier.
Hier
bin ich.
Ich
bin hier.
Du
bist hier.
You
are here.
In
girum imus nocte et consumimur igni
1
Film
von Guy Debord. 2 Jorge Louis Borges, Fiktionen.
3 Quelle:
wikipedia. 4
Raoul Vaneigem.
5
Lewis Carroll, Alice
im Wunderland
Lecture-Performance by
Itty Minchesta
West-Germany
West-Germany
Berlin, 15.09.2012